Dein Kommunikationsverhalten in Drucksituationen
Auf dieser Seite werden dir zwölf Situationen vorgestellt, in denen du involviert bist. Lies aufmerksam jede Kommunikationssituation durch. Wähle aus den vier Reaktionsmöglichkeiten diejenige aus, die am ehesten dem entspricht, was du auch in der Realität tun würdest.
In jeder der zwölf Situationen kannst du lediglich eine Entscheidung treffen.
Es kann hilfreich sein, wenn du dir jeweils reale Personen aus deinem eigenen Leben vorstellst.
Nach den zwölf Situationen folgt eine Auswertung über dein bevorzugtes Kommunikationsverhalten in Drucksituationen. Dieser von dir bevorzugt angewendete Kommunikationsstil wird abschließend näher beschrieben. Der Test dauert im Durchschnitt 20 Minuten.
Wir alten Neandertaler – Immer noch!
Als wir Menschen noch vorzugsweise inmitten der Natur lebten, erlernten wir eine sehr hilfreiche Überlebensstrategie:
Wenn ein Gefahrenpotenzial unseren Weg kreuzte, zum Beispiel in Form eines Säbelzahntigers, dann brauchte es ein schnelles, sich selbst auslösendes Reagieren.
Drei Möglichkeiten bietet unser genetisches Material uns automatisch in einem von uns als Drucksituation empfundenen Moment an – immer noch: Angriff, Flucht und Starre.
Diese drei Reaktionsweisen wenden wir modernen und zivilisierten Menschen noch immer an, wenn es kommunikativ gefährlich wird. Daraus ergeben sich auch die Kommunikationsstile K1, K2 und K3.
K4 ist der Ausstieg aus diesem Muster und kann der Einstieg in ein entspannteres Umgehen mit sich selbst und anderen Menschen sein.
Natürlich wendest du wahrscheinlich alle vier Kommunikationsstile an. In gefährlichen Situationen greifst du aber am ehesten auf zurück.
K1 – Im Angriffsmodus
Wenn du bevorzugt im K1-Stil auf gefährliche Situationen reagierst, wählst du den Angriffsmodus. Das bedeutet konkret:
Wenn du dich von jemandem verbal angegriffen fühlst, dann schlägst du zurück
. Folgendermaßen läuft das ab: Jemand äußert
sich dir gegenüber, dass du zum Beispiel eine Aufgabe nicht hinreichend ordentlich durchgeführt hättest. Deine gewöhnliche
Antwort: Das stimmt nicht. Ich habe mir Mühe gegeben. Und außerdem hattest du mir das so nicht vorher gesagt
... Du
antwortest also auf den als Angriff empfundenen Satz deines Gesprächspartners mit einem Gegenangriff.
Es ist nicht unbedingt die schlechteste Möglichkeit, sich seiner Haut zu erwehren. Aber sie kostet Kraft und führt letztlich oft
nicht zu einer befriedigende Lösung für beide Kommunikationspartner. Oft dauert dieses Spiel
von Angriff und Gegenangriff
(Doch doch, ich hatte dir das genau vorher erklärt) eine Viertelstunde, und am Ende sind beide oft frustriert, weil es gelaufen
ist, wie es immer läuft. Echter Fortschritt wurde keiner erzielt.
Wenn du bevorzugt in diesem Stil kommunizierst, dann empfindest du wahrscheinlich auch starke Gefühle, bis hin zu Wut, im Extremfall auch Hass, und du machst auch die Feststellung, dass diese Gefühle dich im Griff haben, und eben nicht mehr du die Gefühle. Das bedeutet: Du steuerst dich mittels deines kühlen Kopfes nicht mehr selbst, sondern wirst von deinen Gefühlen gesteuert.
Wenn du ein dauerhafter und hartnäckiger K1-Kommunikator bist, könntest du in deinem Leben eine Reihe von Menschen ansammeln,
mit denen du nicht mehr redest (Feinde
). In deiner privaten Beziehung kann es dazu kommen, dass dein Partner immer
weniger mit dir spricht. Es könnte also sehr einsam um dich herum werden.
Ach ja, typische K1-Kommunikatoren sind auch bevorzugt als Helfer unterwegs: Du erteilst anderen Menschen gerne Ratschläge, die diese aber gar nicht erbeten haben und wahrscheinlich auch nicht befolgen werden.
K4 könnte für dich eine gute Erweiterung deiner Möglichkeiten sein.
K2 – Im Fluchtmodus
Wenn du bevorzugt im K2-Stil auf gefährliche Situationen reagierst, wählst du den Fluchtmodus. Das bedeutet: Wenn du dich
von einem Menschen verbal angegriffen fühlst, dann flüchtest du verbal oder auch ganz real. Ein Gesprächspartner teilt dir mit,
dass du dauernd so passiv bist, dich selten äußerst, dafür aber häufig mit den Fingern auf deinem Smartphone unterwegs bist.
Deine gewöhnlichen Antworten: Sorry, tut mir leid, war keine Absicht, kommt nicht wieder vor ... ich schaue auf mein Handy,
weil mein Sohn heute mit Bauchschmerzen in den Kindergarten ging ...
Du antwortest also auf die als Angriff empfundene
Aussage, indem du dich entschuldigst und/oder eine entlastende Erklärung abgibst – im verbalen Fluchtmodus also.
Du ersparst dir damit die Energiekosten des Streits
, verlierst also zunächst keine großen Kräfte. Dennoch hast
du dafür das Gefühl im Bauch, kleingemacht worden und letztlich als Verlierer vom Platz gegangen zu sein. Und das kann dir im
Nachgang, in den kommenden Tagen und Nächten, sehr viel Kraft kosten.
In gefährlichen
Kommunikationssituationen empfindest du die Gefühle von Furcht und Angst. Diese Gefühle steuern dich,
indem sie dir die Worte aus dem Mund stehlen
und dich auch körperlich nervöser und kleiner machen. Manchmal hoffst du in
solchen Situationen, dass ein Retter dir zur Seite springt. Freue dich aber eher, wenn dir das nicht passiert, denn am
Ende wurdest du (vielleicht!) zwar gerettet, fühlst dich aber noch kleiner.
Wenn du nahezu ausschließlich in diesem Modus kommunizierst, könnte es sein, dass die Energie zur Freisetzung deiner Wünsche und Kompetenzen dir mehr und mehr fehlt. Du hast in deinem Leben zwar keine echten Feinde, weil du als sympathisch empfunden wirst. So richtig ernst genommen wirst du aber auch nicht, und wirklich anspruchsvolle Aufgaben wird man dir eher nicht übertragen.
K4 könnte für dich eine gute Erweiterung deiner Möglichkeiten sein.
K3 – Im Modus Starre
Wenn du bevorzugt im K3-Stil auf unangenehme Gesprächssituationen reagierst, wählst du den Modus der Starre.
Das hört sich dann in der Realität folgendermaßen an: Ein Gesprächspartner wirft dir z.B. vor, dass du, obwohl du in dieser Woche für die Sauberkeit der Kaffeemaschine zuständig warst, keinen neuen Kaffee besorgt hattest. Deine typische Reaktion: Du sagts in der Regel nichts, bleibst also einfach kommentarlos stehen und hoffst, dass sich das Problem von selbst löst und du dabei keinen Schaden nimmst.
Deine Strategie ist es also, dich mit dem Thema des anderen gar nicht zu beschäftigen, indem du einfach schweigst.
Das kann ab und an eine ganz gute Strategie sein, wenn du dir bestimmte Leute vom Leib halten willst bzw. wenn du vermeiden willst, dass sich ein persönlicher Kontakt aufzubauen beginnt.
Jedoch gehen weder du noch dein Gesprächspartner mit einem guten Gefühl auseinander.
Es kann auch sein, dass sich bezüglich deiner Person der Ruf etabliert, dass es nicht viel Sinn macht, mit dir zu sprechen, weil du sowieso nichts zu sagen hast. Es kann sogar dazu führen, dass du immer weniger echte Informationen erhältst.
Im schlimmsten Fall kann es sogar sein, dass andere ganz bewusst ihren Frust über andere bei dir aggressiv ablassen und auf
dich draufhauen
, da sie wissen, dass du sowieso immer klein beigibst.
Wenn du bevorzugt in diesem Modus schwierige Kommunikationen bearbeitest, empfindest du dabei wahrscheinlich Gefühle von Unsicherheit bis hin zu Kontrolllosigkeit und Ausgeliefertsein.
Wenn du nahezu ausschließlich in diesem Stil kommunizierst, könntest du eines Tages ziemlich allein in deinen Verstecken
sitzen. Menschen, die dich lieben, könnten sich frustriert von dir abwenden, weil Spannungen
, also das, was das Leben so
spannend machen kann, ausbleiben.
K4 könnte für dich eine gute Erweiterung deiner Möglichkeiten sein.
K4 – Der Abfragemodus
So, hier steigst du aus dem genetischen Programm aus, drückst freundlich dem Neandertaler noch einmal die Hand und verabschiedest dich aber auch von ihm.
Wenn du bevorzugt im K4-Modus auf gefährliche Situationen reagierst, befindest du dich im Abfragemodus. Du reagierst dann z.B. wie nachfolgend dargestellt.
Du fühlst dich von jemandem angegriffen, weil er behauptet, du hättest nicht, wie vereinbart, eine bestimmte Aufgabe erledigt,
was jetzt zu Unzufriedenheit verschiedener Leute geführt hätte. Deine Reaktion (Beschreiben und Abfragen): Also, du
sagst, dass ich etwas nicht erledigt hätte; außerdem bist du irgendwie sauer auf mich. Könntest du mir noch einmal sagen: Wann
hatten wir was vereinbart? Ich will herausfinden, ob wir uns damals und auch jetzt richtig verstanden hatten bzw. verstehen.
Also: Was hatten wir wann gemeinsam vereinbart?
In schwierigen Kommunikationssituationen schlägst du also nicht zurück, und du schlägst dich auch nicht in die Flucht oder gehst ins Versteck/in die Starre – Du fragst deinen Gesprächspartner ab.
Je öfter du diesen Stil anwendest, desto mehr und mehr gelassener wirst du sein und negative Gefühle viel weniger erleben. Und: Du kommst im Sinne einer echten Lösungsfindung deutlich weiter.
Nach unserem Dafürhalten wirst du durch die Anwendung dieses Stils zu einem echten Kommunikationsprofi.
Noch ein Beispiel aus dem echten Leben
gefällig? Na dann:
K1-K3:
Ehemann: Er kommt müde nach einem langen Arbeitstag nach Hause.
Ehefrau: Schatz, ich will heute Abend in die City, lass uns was essen gehen.
Ehemann: (Erkennt sofort die Gefahr: Ich kann nicht meine Füße hochlegen, ein Bier trinken und das Fußballspiel im Fernsehen schauen ...) Du, ich bin heute etwas müde nach dem langen Arbeitstag.
Ehefrau: Immer bist du abends müde nach der Arbeit. Deine ganze Kraft gibst du der Firma, für mich bleibt nichts übrig.
Ehemann: Naja, wir brauchen doch aber das Geld. Wir müssen ja noch die Kredite abzahlen.
Ehefrau: Immer denkst du nur ans Geld. Geld, Geld, Geld, aber ich/unsere Beziehung, das ist nicht wichtig.
... und ... so ... weiter ... vielleicht eine Viertelstunde. Der Abend ist gelaufen. Viel Energie verschwendet, nichts dafür bekommen. Na Danke!
Das wäre doch mal einen Versuch wert, auch wenn die Erfolgschancen wohl nur bei 30 % liegen.
Das Beispiel drehe ich aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit
um.
K4:
Ehefrau: (Sie kommt müde nach einem langen Arbeitstag nach Hause.)
Ehemann: Schatz, ich will heute Abend in die City, noch was essen gehen.
Ehefrau: (Erkennt sofort den Klärungsbedarf
) Schatz, du willst heute Abend ausgehen, weil du was erleben und Spaßhaben willst? Richtig?Ehemann: (Schon etwas verblüfft) Nun gut, ja ...
Ehefrau: Das ist wichtig. Es ist wichtig, dass wir beide auch Spaß im Leben haben. Sag mal, wer/welche Person ist denn am besten geeignet, damit das heute Abend für dich wirklich ein Spaß wird?
Ehemann: Naja, ich denke, ich gehe dann wohl mal mit meinem Kumpel Alex in die Szene ...
Vielleicht, liebe Ehefrau, vielleicht klappt es, vielleicht!
Nachdem du deinen Gesprächspartner abgefragt
hast, könntet ihr vielleicht zu besseren Lösungsmöglichkeiten kommen. Wir
wollen aber auch in aller Ehrlichkeit sagen, dass mittels Kommunikation nicht alle Probleme mit Menschen auf Lösung gebracht
werden können. Wenn du oder dein Gesprächspartner nicht zu einer Lösung bereit bist/ist, dann bleibt immer noch die Abgrenzung:
Ich will/werde dich nicht ändern, ich will dir auch nichts Böses, aber ich möchte keinen Kontakt zu dir haben/in dieser Sache
mit dir nicht zusammenarbeiten.
Ein alter Professor sagte einmal, dass sei entfeindete Koexistenz
(Othmar Fuchs). Er bezog sich auf die Bibel und sagte:
Abraham und Lot konnten sich nicht mehr so richtig riechen, also vereinbarten sie folgenden Deal: Einer geht rechts, der andere
links. Wir gehen also nicht mehr gemeinsam einen Weg, sondern getrennt geht jeder seinen Weg, aber: Wir fügen uns auch keinen
Schaden zu.
Manchmal ist eine ehrliche Grenze befreiender als moralisch erpresste emotionale Bindung. Oder?